Seitdem ich die Sanddünen von Shan-Shan am Vortag aus dem Auto heraus gesehen hatte, stand mein Plan fest: Ich musste dort hin. Am nächsten Morgen wachte ich in meinem Zelt auf. Ich war noch immer unterwegs durch China – per Anhalter nach Peking. Ich kroch aus dem Zelt und aß ich die Melone, ich am Vortrag geschenkt bekommen hatte während sich zwei Frauen mittleren Alters neugierig mein Zelt ansahen. Ich grinste ihnen zu und zeigte ihnen das Innere meines Zelts. Nachdem sie sich zunächst kurz enfernten, kamen sie wieder und streckten mir einen 50-Yuan Schein entgegen. Freundlich aber energisch lehnte ich ab. Daraufhin legten sie ihn auf meine Isomatte, lächeln freundlich und gingen.
Nach dem Frühstück machte ich mich auf die Sanddünen zu finden. Sie gehörten zur sagenumwobenen Taklamakan-Wüste – die zweitgrößte Sandwüste der Welt (nach der Rub Al-Chali in Saudi Arabien). Der Name“Taklamakan“ kommt mutmaßlich aus dem Uigurischen kommen und kann übersetzt werden mit „Begib dich hinein, und du kommst nie wieder heraus“. Ich startete zu Fuß und wurde dann von dem Fahrer eines seltsamen, aber in China üblichen, kleinen Dreirad-Lasters mitgenommen.
Er setzte mich bei einem jungen Mann ab, der neben seinem Quad stand. Er sprach wenig Englisch, aber er könnte mich in die Wüste bringen. Zunächst wollte er 100 Yuan (etwa 15€) – doch noch viel lieber hätte er Dollars. Ich machte ihm mein Kirgisisches Geld schmackhaft und gab ihm einen 20-Som-Schein (der Wertetwa 0,30 €). Außerdem gab ich ihm noch eine Münze aus Azerbaijan. Er wollte den Schein und die Münze. Ich willigte ein.
Mit meinem Rucksack setzte ich mich auf sein Quad und wir fahren durch das Dorf. Vorbei am offiziellen Eingang, an den man Eintritt bezahlen muss. Er wusste jedoch, was er tat und fuhr zu einer besseren Stelle. Mehrmals bog er ab und wir fuhren durch die verborgenen Winkel des Dorfes, vorbei an traditionellen Lehmbauten. Ich bestaunte das authentische Dorfleben und war fasziniert. Unterwegs hielt er bei einer alten Frau, die auf einem Bett auf der Straße lag und unterhielt sich eine Weile mit ihr. Schließlich kam er an seinem Haus an. Wir fuhren in den Innenhof des Hauses und direkt hinter dem Tor auf der anderen Seite des Hofes beginnt unmittelbar die Sandwüste. Der Ort ohne Wiederkehr
Ich blickte auf die riesigen Sanddünen und marschierte los. Mit meinem Rucksack arbeitete ich mich die Sanddünen empor. Als ich auf einer Düne angekommen war und gerade eine Verschnaufpause einlegte, winkte mich ein Mann mit freiem Oberkörper zu sich rüber. Der Mann war mit seinem Neffen hier und sie waren gerade dabei sich im Sand zu vergraben. Eine Uygurische Tradition, erklärten sie mir. Die Kraft des Sandes der Taklamakan übertrage sich auf die Leute und heile sie von vergangenen Strapazen. Einige reisten von weit her, nur um sich diesem alten Ritual zu unterziehen. Die beiden bedeckten sich täglich 3-5 Mal am Tag mit Sand. An diese Stelle kommen keine Touristen, nur Leute, die extra wegen diesem Ritual anreisen. Die Taklamakan-Wüste habe eine immense Kraft. Ein alter Mann stieg uns tapfer entgegen. „Er hat das mit dem Sand oft getan, darum ist er so fit“, meint der Neffe. Sie könnten mich auch einbuddeln, boten sie mir an. Eigentlich hatte ich keine Lust voller Sand trampen zu gehen, doch nach einigem Zögern sagte ich zu und zog mein T-Shirt aus. Ich legte mich in den Sand, der an meinem ganzen Körper kleben blieb. „Das bedeutet, dass deine letzte Zeit sehr anstrengend war und dein Körper sich jetzt die Energie aus dem Sand holt.“, erklärte mir der jüngere während ich den warmen Sand überall auf meinem Körper spürte. Ich stellte mir vor, dass tatsächlich Energie durch den Sand in mich strömt. Es fühlte sich angenehm an und ich spürte wie mein Körper sich entspannt. Später erklärten sie mir, ich dürfe mich nun 3 Tage nicht duschen.
Die beiden luden mich in ihre Unterkunft ein, in der ich freudig willkommen geheißen wurde. Wir aßen und tranken Tee. Der Onkel und sein Neffe versuchten mich davon zu überzeugen, doch besser eine Nacht hier Rast zu machen. Sie erklären mir, dass der Besitzer meinte, dass ich hier sogar kostenlos übernachten könne. Ich war erstaunt und bedankte mich, doch ich hatte das Gefühl, dass ich weiter musste. Die Zeit drängte.
Der mir angebotene kostenlose Schlafplatz, den ich leider ausschlagen musste
Daher fuhren mich die beiden bis zur Autobahn. Nachdem ich mich von den beiden verabschiedete kletterte ich wieder über den Stacheldrahtzaun auf die Autobahn, darin hatte ich mittlerweile Übung.
An dem Tag legte ich noch etwa 200km zurück bis es dunkel wurde. Die Polizei half mir wieder. Leider fuhr meine letzte Mitfahrgelegenheit von der Autobahn an. Also musste ich sie stoppen und stand bei Dunkelheit auf der Autobahn. Ich versuchte die LKWs und Autos an den Straßenrand zu winken. Die hellen Scheinwerfer blendeten mich und LKWs rauschten mit einer Gewalt knapp an mir vorbei. „Wenn mir mein Leben lieb ist, höre ich jetzt besser damit auf und probiere es morgen weiter“, brachte ich mich zur Vernuft und schlug mein Zelt im sandigen Boden etwa 50m von der Straße entfernt auf.